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Die Social Media-Realität im Jahre 2010

FaceTweet it!

Social Media ist so toll und alle reden darüber. Wirklich? Wer sich im letzten Quartal des Jahres 2010 nicht von den Jubelmeldungen über das rasante Wachstum von Facebook (plus 117 Prozent in Deutschland) täuschen lässt, sondern stattdessen die Realitäten betrachtet, muss ernüchtert feststellen, dass Social Media noch keineswegs das nächste große Superduperding geworden ist. Woran das liegt, erklärt der Medienlotse kurz, knackig und provokativ.

1. Social Media für Dummies

Mal angenommen, Sie möchten Ihrer Großmutter erklären, was Social Media überhaupt ist. Wie gut, dass Ihre Oma gerne den Olli Geissen auf RTL anschaut. Am Freitagabend war Geissen wieder mal auf Sendung, diesmal mit einer Show zu den besten Songs des vergangenen Jahrzehnts. Als echter Bildungssender zeigte RTL jedoch nicht nur Ausschnitte aus den Videos, sondern auch Footage-Material zum jeweiligen Erscheinungsjahr, beispielsweise 2006 und dem Sommermärchen. Interessanterweise fanden auch Social Networks Erwähnung und zwar MySpace, Mark Zuckerberg und die MillionDollarHomepage. Gast Kai Pflaume durfte auch live Bilder für seine Facebook-Seite schießen. Das war es dann auch schon. Nun darf von RTL sicherlich nicht erwartet werden, das Phänomen Social Media als solches überhaupt zu begreifen und dann auch noch vollständig abzubilden. Bei den Zuschauern vor dem Fernsehschirm dürfte jedoch folgende Botschaft angekommen sein: Social Media? Das ist doch dieses verrückte Internet-Ding für junge Leute, wo sich irrsinnig schnell Geld verdienen lässt und über Nacht Stars wie Paul Potts entstehen oder Firmen wie Kryptonite zugrundegerichtet werden.

2. Social Media wird todgeredet
Der Volksmund weiß, dass derjenige, der im Glashaus sitzt, nicht mit Steinen werfen soll, aber ich tue es trotzdem. Seit Mitte 2010 engagiere ich mich beim Social Media Club Hamburg und habe seitdem das Gefühl, auf keiner Veranstaltung substantiell Neues zu lernen. Vielmehr verstärkt sich bei mir der Eindruck, dass die Szene (wer auch immer das sein mag) im eigenen Sud kocht und sich quartalsweise von schicken Marketingphrasen (Social Media ist alles nichts oder schwarz-weiß) bauchpinseln lässt. Dabei braucht Social Media nicht noch mehr Theorie, sondern Praxis, Praxis, Praxis. In Deutschland wartet der obrigkeitsgläubige Freelancer lieber auf den fetten Unternehmensauftrag, anstatt das zweite Gründerzeitalter einzuleiten – auch ein Grund für mangelnde Erfolgsbeispiele und fehlendes Praxiswissen. Für selbst ernannte Social Media-Berater und –Coaches ist dieser Zustand natürlich ein gefundenes Fressen, können sie doch für eine simple Einführung in Twitter/Facebook/Xing und ein schickes Essen in teuren Provinztagungshotels doch mehrere Hundert Euro Honorar pro Teilnehmer verlangen.

3. Social Media ist (noch) der Wurmfortsatz der Unternehmenskommunikation
Daimler, Volkswagen und auch die Telekom sind mittlerweile stark in den sozialen Netzwerken vertreten und schaffen es hin und wieder auch, die Bloggerszene mit tollen Virals und Guerilla-Marketing-Aktionen zu begeistern. Doch wie sieht es beim deutschen Mittelstand aus? Sofern eine Kommunikationsabteilung überhaupt vorhanden ist, gilt Social Media immer noch vielen Chefs bestenfalls als Marketing-Wurmfortsatz. Auch motivierte Mitarbeiter und Social-Media-Evangelisten (Menschen, die freiwillig für ihren Arbeitgeber im Netz kommunizieren) können noch keinen entscheidenden Unterschied ausmachen, denn sie zerreiben sich in der Aufgabe, nach außen ihre Social Media-Kenntnisse darzustellen und nach innen für die Durchsetzung von Transparenz und offener Kommunikation zu kämpfen, wie Twitterer Earl_Piggot in seinem Blogbeitrag ganz treffend bemerkt:

„Es ist keineswegs eine triviale Management-Aufgabe, das Standing des eigenen Hauses im Web zu beobachten, kommunikative Gefahren zu erkennen, und gleichzeitig die Reputation zu steigern. Man kann diese zentrale Aufgabe beim besten Willen nicht einem Praktikanten überlassen“

4. Social Media im Jahre 2011
Auch im kommenden Jahr wird Social Media für Eingeweihte und Szenekundige das ganz große Ding bleiben. Die breite Masse wird jedoch im Alltag kaum davon berührt werden. Warum? Wer einen Facebook- oder Twitter-Account hat, muss noch lange nicht wirklich in den Netzwerken aktiv sein. Viele Nutzer folgen dem Herdentrieb und melden sich einfach bei der nächstbesten Plattform und schützen damit bestenfalls ihren Namen, vergessen jedoch schnell, welche tollen Kommunikations- und Marketingpotenziale dort geboten werden. Zwar wird es neue Trends geben (Tipp des Medienlotsen für 2011: Das Netz wird endlich wirklich mobil, Mobile & Social Commerce boomen), aber auch hieran wird sich zunächst eine Speerspitze von Bloggern und Premium-Usern abarbeiten. Susi Normaluser kann jedoch schon jetzt kaum etwas mit dem 2010er Hype um Lokalisierungsnetzwerke wie Foursquare, Gowalla oder Facebook Places anfangen. Vielmehr graut ihr vor der Vorstellung, dass wildfremde Menschen mittels Google Street View in ihren Vorgarten schauen könnten. Von daher wäre es vielleicht sinnvoller, wenn Volkshochschulen und IHK ihrer jeweiligen Klientel Social Media-Kurse anbieten. Nur so kann der Kommunikationswandel wirklich vollzogen und irrationale Ängste abgebaut werden.

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5 Kommentare Schreibe einen Kommentar

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