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Nach der Wahl: Neue Netzpolitik-Konzepte gefragt

Gähn – Netzpolitik muss künftig mehr sein als Datenschutz und Privatsphäre.

Als ehemaliger Student der Politischen Wissenschaften und promovierter Historiker komme ich nicht umhin, einige Gedanken zur Bundestagswahl 2013 zu notieren. Kaum ein Wahlkampf hat mich mehr gelangweilt als dieser, aber das Ergebnis hat mich nachhaltig beeindruckt. Nicht nur mir, auch anderen ist es so ergangen – die eigene Twitterblase ist krachend untergegangen. Demnach hätte Mutti nämlich keine Chance gehabt und die jetzige Opposition deutlich mehr Stimmen bekommen. Wie es mit der Republik weitergeht, hat aber nicht nur Auswirkungen auf mich persönlich, sondern auch auf mein Business als „Der Medienlotse“.

1. Selber bewegen statt bewegen lassen
Oft habe ich in Diskussionen und privaten Gesprächen postuliert, einfach keine Lust auf die Diskussionen um ACTA/NSA/Vorratsdatenspeicherung etc. zu haben und damit nicht nur einmal entsetzte Blicke geerntet. Wie konnte ich als netzaktiver Mensch nur so ignorant sein? Nun, das mag an meiner Aversion gegenüber jeglichem Parteisoldaten-Geplapper liegen, war aber auch darin begründet, dass die viel beschworene Netzgemeinde immer nur dann zusammenkam, wen es galt, Vorschläge abzuwehren. Dafür wurde derart viel Energie aufgewandt, dass glatt vergessen wurde, eigene Positionen zu formulieren. Die AfD hat vorgemacht, wie sich binnen kürzester Zeit auch mit nur einem Thema (tumbe?) Massen bewegen lassen. Das muss nicht heißen, dass die Netz-Avantgarde gleich eine neue Partei gründet, aber eine schlagkräftige Lobbygruppe sollte es schon sein. Und nun dürfte auch dem letzten – inklusive mir – klargeworden sein, dass es nicht reicht, wenn ein paar Piraten oder Grüne über Netzthemen Bescheid wissen. Wenn sich dann die Netz-Lobby 2017 (oder früher) vor irgendeinen Parteikarren spannen lässt, sollte das nur hilfreich für die Erlangung der eigenen Ziele sein. Danach kann ja wieder auf Brautschau gegangen werden…

2. Mehr als Politik
Doch das Internet bietet mehr als nur Anknüpfungspunkte für Netzpolitik. Vielmehr ist dieser Raum zu einer Art Way of Life, ein Lebensstil geworden. Smarte Städte, weniger Verkehr, leisere Umgebungen, Bildung, Infrastruktur – auch das sind Themen, die von der Netzlobby aufgegriffen und besetzt werden müssen. So wie es vor Jahren einmal eine liberale Sicht auf die Dinge gab (ohne jetzt auf der FDP und ihrem aktuellen Abschneiden herumhacken zu wollen), muss das Netz eine solche Sicht- und Denkweise entwickeln. Da reicht es dann leider nicht mehr wie etwa bei D64 fleißig Newsletter zu verschicken und darauf zu hoffen, dass der stete Tropfen den Stein schon zu höhlen vermag. Was die Netzlobby braucht, ist eine theoretisch-philosophische Fundierung. Vor Jahren war Peter Kruse auf der re:publica schon einmal kurz davor, doch auch dieser Weg wurde 2013 mit dem eher comedyhaften Guenter Dueck schon wieder verlassen. Den es geht eben nicht darum, es allen recht machen zu wollen, sondern eigene Positionen müssen noch stärker herausgestellt und vor allem personell (d.h. durch eine unabhängige, neue Organisation!) legitimiert werden. Mit dem geballten Know-How von PR-Experten, Agentur-Kreativen und Kulturschaffenden sollte es doch ein Leichtes sein, das „Internet of Things“ in den Wohnstuben und Köpfen Realität werden zu lassen.

Einfach wird das nicht, denn unser Land (und somit die Wähler) wird immer älter (siehe dazu auch hier). Naturgemäß interessieren nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben andere Themen als die der bisherigen Netzpolitik. Insofern lohnt eine Aufweitung der thematischen Agenda allemal – und hätte den netten Nebeneffekt, so vielleicht auch die immer tiefer werdenden Gräben zwischen Alt und Jung sowie Stadt und Land zu überwinden.

3. Alle auf die Neuen
Nach jeder Wahl verlassen einige Parlamentarier den Bundestag, neue Kräfte rücken nach. Manchmal sind darunter auch echte Neulinge, die noch kein Wissen aus Hinterzimmerverhandlungen haben oder sich in Netzwerkabhängigkeiten begeben haben. Auch hier kann die Netzlobby ansetzen und neben Information und ein wenig Propaganda auch Beratung bieten. Ich überlege ernsthaft, als Medienlotse einen Zug durch die Bundestags-Newbie-Gemeinde zu machen, um zu sehen, wie groß die Neugier auf Neuland und das Internetz tatsächlich ist und ob sich dort nicht gemeinsam etwas bewegen lässt.

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