Das sich die Welt um uns herum und vor allem das Internet rasend schnell weiterentwickelt, scheinen wir mittlerweile zu wissen. Aber wenn sich selbst Trendthemen innerhalb eines knappen Jahres häuten und quasi neu erfinden wollen, dann ist es schon an der Zeit einmal genauer hinzuschauen. Gerade schien es noch so, als seien „location based services“ (zu Deutsch: Lokalisierungsdienste) wie Foursquare, Facebook Places oder Gowalla „state of the art“, tritt mit SCVNGR ein weiteres Angebot auf, welches eine neue Ära – Lokalisierung 2.0 – einzuleiten scheint. Der Medienloste klärt auf.
Status quo
Knapp 200.000 Menschen nutzen in Deutschland beispielsweise das Lokalisierungsnetzwerk Foursquare. Mittels eines Smartphones und dessen GPS-Technik können User an beliebigen Orten „einchecken“ und damit ihrem Freundeskreis (bei Twitter, Facebook oder nur bei Foursquare) ihren Aufenthaltsort mitteilen. Was Normalusern eher unheimlich ankommt, ist für die Internet-Elite jedoch völlig normal, zumal bei Foursquare der spielerische Aspekt nicht zu kurz kommt und für bestimmte Check-Ins „Badges“ (Belohnungen) vergeben werden. Der Dienst ist jedoch durch das Aufkommen von Facebook Places und die dahinter stehende Marktmacht in Bedrängnis geraten. Knapp 200 Millionen Facebook-User haben ein Smartphone – demgegenüber nehmen sich die fünf Millionen Foursquare-Nutzer gerade zu winzig aus.
Noch können die Fans der „location based services“ nicht viel mehr tun, als einzuchecken und ihren Standort weiterzugeben. Unklar bleibt, wie lange die User an einem Ort verharren und was sie dort überhaupt tun. Das hat auch Foursquare CEO Dennis Crowley erkannt, der bei sich selbst eine gewisse Check-In-Müdigkeit festgestellt hat. Das Netzwerk arbeitet seinen Angaben zufolge fieberhaft daran, die Check-Ins aufzuwerten und beispielsweise bei Besuchen in anderen Städten Empfehlungen auf Basis der vorherigen Aktionen auszusprechen. Das erinnert ein wenig an Amazon, die auf Basis der getätigten Käufe weitere Empfehlungen aussprechen. Über den genauen Zeitplan und Ablauf wollte Crowley jedoch nichts verraten, eine deutsche Foursquare-Version soll in Kürze folgen.
Lokalisierung 2.0?
Foursquare könnte nicht nur gegenüber Facebook Places ins Hintertreffen geraten, denn mit SCVNGR ist bereits ein neues, gerade zu revolutionäres Angebot gestartet: Betreten Smartphone User einen Shop, werden sie von ihrem Telefon aufgefordert, bestimmte Aufgaben zu erfüllen, die vorher vom Inhaber festgelegt wurden. Hier kommen natürlich die Marketers zum Zug, die beispielsweise festlegen könnten, dass erst die neue Kollektion abfotografiert und in die sozialen Netzwerke transportiert wird, bevor es Punkte, Rabatt oder kostenlose Give-Aways gibt. Im Gegensatz zu seinen Konkurrenten hat SCVNGR-Gründer und CEO Seth Priebatsch jedoch die Monetarisierung seines Dienstes von Anfang an im Blick gehabt. Für ca. 80 Dollar im Monat können Marken, Restaurants oder Shops auf SCVNGR ihren Besuchern die oben beschriebenen Aufgaben stellen.
Noch ist unklar, ob sich SCVNGR jemals in Europa oder gar Deutschland durchsetzen wird. Zu unterschiedlich sind die Auffassungen über Privatsphäre diesseits und jenseits des Atlantiks, wie gerade die Diskussionen um Google Street View gezeigt haben. Vermutlich wir Facebook Places schnell die meisten User anziehen und schon bald mit ähnlichen Entwicklungsstufen wie oben beschrieben aufwarten. Foursquare muss schnell mit neuen Erweiterungen aufwarten, um nicht marginalisiert zu werden. Der Empfehlungsansatz klingt auf jeden Fall interessant, denn nicht jeder Städte-Tourist hat Lust, auf ausgetrampelte Pfaden zu wandeln. Empfehlungen auf Basis seiner Interessen könnten genau die Nische sein, die den Dienst langfristig überleben lassen.
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