Das Imperium schlägt zurück – so oder so ähnlich wird sich mancher Europäer am gestrigen Morgen gedacht haben, als er von “Google Buzz“, einem “Upgrade” von Google Mail erfuhr. Kurz gesprochen, vereint Buzz die Funktionalitäten eines Mailprogramms mit denen eines Fotoalbums, einer Videoplattform, Newsreadern, Instant-Messaging-Diensten a la Twitter und Social-Networking-Funktionen, wie bereits von Facebook bekannt. Damit will Google zum neuen Knotenpunkt im Internet werden und einen Großteil der Zeit abschöpfen, die Menschen im Internet verbringen.
Ähnlich wie schon bei Google Wave, soll das neue Programm in Echtzeit arbeiten. In den kommenden Wochen werden nach und die einzelnen Funktionalitäten freigeschaltet und erst dann wird die Webgemeinde wissen, ob es sich hier um einen echten Facebook- oder Twitter-Killer handelt. Natürlich fragt sich nicht nur der Medienlotse, ob es tatsächlich noch einer weiteren Social Media-Plattform bedarf und ob es wirklich sinnvoll ist, Mails mit sozialen Netzwerkaktivitäten zu verknüpfen. Die wenigsten Nutzer werden nämlich eine Kongruenz zwischen ihren Mailkonten (privat und beruflich) und beispielsweise den Facebook-Freunden feststellen können. Schon beklagten sich erste Google Mail-Nutzer bei Twitter, dass sich Buzz in ihren Account gehackt habe.
Es wird also schwer werden für die Kalifornier mit dem großen Sendungsbewusstsein. Schon um Google Wave wurde ein immenser Hype inszeniert, der an die Hysterie vor der Einführung von neuen Apple-Produkten erinnerte. Danach wurde die Nachrichtenlage ziemlich dünn und Wave hat es noch nicht aus den Zimmern der Kreativen in die Welt des Massenmarktes geschafft. Ein ähnliches Schicksal droht auch Buzz, denn zunächst schöpft Google damit weitere Daten über seine Nutzer und deren Vorlieben ab. Zudem kommt die neue Anwendung ziemlich arrogant daher, „saugt“ sie doch Inhalte von Picasa, Twitter und You Tube ab. Und es ist schon eine Weile her, dass Instant-Messaging-Dienste wie ICQ Anfang der 2000er eine Sitzung vor dem PC zum hyperaktiven Ereignis machten – ähnlich wie nun Buzz.
Techies dürften ob der neuen Spielerei frohlocken, sofern sie über ein Google Mail-Konto verfügen. Der große Rest reibt sich erstmal verwundert die Augen, warum ausgerechnet eine zusammenkopierte eierlegende Wollmichsau der große Wurf aus Kalifornien sein soll.
UPDATE:
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