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Hamburg oder Berlin? Hauptsache Olympia!

Der Schock über die Ablehnung von Olympia 2022 in München sitzt bei allen Beteiligten noch tief. Das ist auch im Norden spürbar. Beim 2. Hamburger Sportkonvent mahnte deshalb auch der Vorstands-vorsitzende des Olympia-Stützpunktes an der Elbe, Dr. Michael Beckereit zu einer gründlichen Aufarbeitung der Geschehnisse, ehe man sich etwaigen Träumereien über eine Olympia-Bewerbung der Hansestadt hingebe. Das diese Idee nach der (politisch) gescheiterten Bewerbung 2003 noch am Leben ist, liegt vor allem an der 2011 von Innensenator Neumann eingesetzten Zukunftskommission Sport, der Beckereit zusammen mit Staatsrat Karl Schwinke vorsteht. Die insgesamt zehn Dekadenziele sollen nicht nur den Sport noch besser in der Bevölkerung verankern (bsp. durch Bewegungs-Kitas oder die voll inklusive Sporthalle in Alsterdorf), sondern auch fit für Großereignisse machen.

Bekanntlich möchte sich der Senat dafür nicht am Wettbieten um die Großevents der attraktiven Verbände Schwimmen und Leichtathletik beteiligen, sondern wie beim Triathlon-Weltcup eigene Formate entwickeln. Demnächst werden die Ruderer im Fokus stehen – hier gibt es Planspiele zu Kurzrennen im „natürlichen Wasserstadion“ (Neumann) Binnenalster. Konservativ geschätzt dürften auch hier eher fünf bis zehn Jahre vergehen, ehe ein neues Eventformat vollumfänglich bei Sponsoren, Zuschauern und Verbänden etabliert ist. Zusätzlich müssten es auch mehr Hamburger Funktionäre in die internationalen Spitzengremien schaffen, um ihrer Heimatstadt bei Abstimmungen später etwas Gutes tun zu können.

Aber vielleicht ist die Herkulesaufgabe“Olympia“ tatsächlich auch für eine der reichsten und größten Städte Deutschlands zu groß. Die UEFA hat mit ihren Doppelvergaben bei den Europameisterschaften in Belgien/Holland 2000, Österreich/Schweiz 2008 und zuletzt 2012 in Polen/Ukraine bewiesen, dass sie sich vom ungesunden FIFA/IOC-Wettrüsten deutlich abgrenzt. Auf mittlere Sicht werden die Spiele in Sotchi, Rio und Tokio auch weiter dem Olympia-Gigantismus frönen und Gegnern wie in München gehörig Munition liefern. Neben Hamburg käme in Deutschland nur noch eine andere Stadt in Frage, Olympische Sommerspiele auszurichten: Berlin. Warum also nicht die Kräfte bündeln und sich für die Bewerbung einen Partner suchen?

Als große Sportstädte hätte man schnell viele Fürsprecher in maßgeblichen nationalen Gremien, auch international dürfte die Schlagkraft größer sein. Mit einer Duobewerbung dürfte man auch vermeintlichen Ressentiments wegen Berlin 1936 von vornherein den Wind aus den Segeln nehmen. Bei den Sportstätten ergänzen sich beide Metropolen ebenfalls: Berlin hat das Olympiastadion, was Hamburg für seine eigene Bewerbung dringend bräuchte, danach aber nur bedingte Verwendung finden würde. Netter Nebeneffekt: Beide Städte würden durch Infrastrukturprojekte (Bahn, Transrapid) noch näher zusammenrücken und die eher kindische Rivalität im wirtschaftlichen Bereich (Startups v Pfeffersäcke) ein Ende haben. Ich habe mir mal Gedanken gemacht, welche Disziplinen in welcher Stadt stattfinden könnten (und freue mich auf weitere Hinweise in den Kommentaren).

Badminton: Unentschieden. Der zuständige Olympia-Stützpunkt liegt im Südwesten der Republik. Athleten können sowohl in Hamburg an der Eliteschule als auch in Berlin am Landesleistungssportzentrum trainieren. Eventuell gibt es in Hamburg mehr Potenziale, denn hier sollen im Rahmen der Dekadenstrategie insgesamt 340 Mio. € in neue Hallen investiert und die Kapazität verdoppelt werden.

Basketball: Berlin. Durch die erfolgreichen Korbjäger von Alba Berlin, die zudem mit der O2 World über eine moderne Spielstätte verfügen, dürfte die Entscheidung klar sein. Hamburg wird erst 2014/15 mit den Towers wahrscheinlich ein eigenes Profiteam bekommen, doch schon jetzt wird davon ausgegangen, dass die Halle in Wilhelmsburg schnell zu klein sein dürfte.

Bogenschießen: Unentschieden. Bei den letzten Spielen immer wieder gerne vor historischen Kulissen ausgetragen. Spontan fallen mir in Berlin der Grunewald und das Maifeld ein, in Hamburg der Stadtpark.

Boxen: Berlin. Mit dem Olympiastützpunkt in Mecklenburg-Vorpommern dürfte die Hauptstadt gute Argumente haben, auch hat die Max-Schmeling-Halle schon einige gute Boxwettkämpfe gesehen.

Das Millerntor – Hockeystadion für Olympia in Hamburg?

Fechten: Hamburg. Die vornehme Sportart passt gut zu den Hanseaten und ließe sich beispielsweise mit einem temporären Bau im Volkspark realisieren.

Fußball: Hamburg. Da das Olympiastadion in Berlin als Nutzungsort ausfällt, wäre das Stadion im Volkspark erster Kandidat für die Fußballspiele. In der Vergangenheit haben andere Ausrichter die Spiele jedoch auch in weitere nationale Spielstätten vergeben. Wolfsburg und Rostock wären gut erreichbare Alternativen.

Gewichtheben: Berlin. Mit einem eigenen Olympiastützpunkt sowie einem weiteren in der Nähe (Frankfurt/Oder) dürften die Entscheidung eindeutig zugunsten der Hauptstadt ausfallen.

Golf: Unentschieden, mit leichten Vorteilen für Hamburg. Mit Gut Kaden gibt es eine traditionsreiche Anlage unmittelbar hinter der Stadtgrenze, zudem sind es nur knapp 170km nach Vorbeck, wo 2013 die Senior Tour der Golfer gastierte.

Handball: Unentschieden, wiederum mit leichten Vorteilen für Hamburg. Beide Städte haben mit den Füchsen und dem HSV Teams in der HBL. Generell ist der Handballsport im Norden aufgrund der Dichte an Topklubs (Kiel, Flensburg) jedoch noch besser verwurzelt, zudem ist der Weg ins handballbegeisterte Dänemark nicht weit.

Hockey: Hamburg. Schon bei der Bewerbung 2003 gab es Planspiele, die Begegnungen im Millerntorstadion stattfinden zu lassen. Generell ist das auch an der Alten Försterei in Berlin denkbar, zudem ist die Sportart in den jeweiligen Olympiastützpunkten in den Städten vertreten.

Judo: Berlin. Mit den Olympiastützpunkten in Berlin und Leipzig dürfte die Entscheidung hier deutlich zugunsten der Hauptstadt ausfallen.

Kanusport: Unentschieden. Während die Kanuten in Potsdam beste Trainingsbedingungen vorfinden, könnte der Kanuslalom im Einzugsgebiet der Hansestadt stattfinden. Wichtig ist jedoch ein stringentes Konzept für die Nachnutzung, idealerweise in Verbindung mit einem Stützpunkt/Eliteschule.

Leichtathletik: Berlin. Zwar ist das Olympiastadion in Berlin durch die Spiele 1936 vorbelastet, gleichzeitig liefert die olympische Kernsportart genau die Bilder, um die Vergangenheit endlich zu ruhen zu lassen. Als Ausgleich könnten einige Wettkämpfe nach Hamburg gegeben werden, bsp. der Marathon oder wie schon 2004 das Kugelstoßen, welches im Antiken Olympia stattfand.

Moderner Fünfkampf: Berlin. Schon jetzt wirken Trainer an den Stützpunkten in Berlin und Brandenburg. Denkt man an die Spiele in London, bei denen der Fünfkampf teilweise vor traumhaft schöner Kulisse in Greenwich stattfand, dürfte die Hauptstadt weitere Vorteile besitzen.

Radsport: Hamburg. Mit den Cyclassics gibt es bereits seit mehr als zehn Jahren ein Event, welches Profis und Breitensportler gleichermaßen begeistert und von Jahr zur Jahr wächst. Eine neue Halle für die Bahnradsportler müsste her; BMX und MTB könnten in HH-Harburg einen Platz finden.

Jedermänner bei den Cyclassics – Argument für Radsport bei Olympia in der Hansestadt?

Reiten: Hamburg. Mit Luhmühlen gibt es einen Traditionsstandort nur 40km entfernt, alternativ ließe sich die Sportart eventuell im Volkspark/ Stadtpark temporär realisieren.

Ringen: Berlin. Nachdem lange unklar war, ob Ringen überhaupt noch im Olympischen Programm verbleiben würde, herrscht bis mindestens 2024 nun Sicherheit. Aufgrund der Nähe zum Olympiastützpunkt in Leipzig dürfte auch hier Berlin den Zuschlag erhalten.

Rudern: Hamburg? Mit dem Jahr des Wassersports 2014 wird die Hansestadt im Rahmen der Dekadenstrategie einen großen Wurf unternehmen, sich mit allen Wassersportarten zu assoziieren. Zwar ist die Außenalster bereits ein großes Sportrevier, doch dürfte die Durchführung mitten in der Stadt große Probleme mit sich bringen.

Rugby:  Berlin? Die Hauptstadt hat gleich drei Vereine in der Bundesglia, Hamburg mit St. Pauli und dem Hamburger RC nur einen. Hier wird jedoch entscheidend sein, welche Stadt besser im olympischen 7er-Rugby verankert ist.

Segeln: Hamburg? Hier gilt analog die gleiche Argumentation wie beim Rudern. Natürlich könnte auch problemlos der Standort Kiel reaktiviert werde, wo bereits 1936 und 1972 die Segelwettbewerbe stattfanden.

Schwimmen: Hamburg. Als Ausgleich für die Vergabe der Leichtathletik nach Berlin müsste die zweite olympische Kernsportart in Hamburg stattfinden. Denkbar wäre ein temporäres Stadion auf dem Heiligengeistfeld. Außerdem liegen die Hanseaten bei den Großstädten beim Vergleich Schwimmbad/Bevölkerung noch weit hinten.

Taekwondo: Unentschieden. Beide Städte besitzen keine große Taekwondo-Tradition, da die Athleten meist aus anderen Landesteilen kommen. Mit Local Heroes ließen sich jedoch gute Argumente finden, warum die Sportart in der einen oder anderen Stadt stattfinden sollte.

Tennis: Hamburg. Bekommt das Stadion am Rothenbaum das dringend benötigte Facelift, könnte hier ein Rasen oder Sandplatzturnier ausgetragen werden. Vorher müsste jedoch der Status des Herrenturniers durch Hintergrundarbeit in den ATP-Gremien noch aufgewertet werden.

Tischtennis: Unentschieden. Beide Städte haben (noch) keine Teams in der ersten Liga, die sich eher im Süden und Westen konzentrieren. Die ehemalige Blumenhalle der igs in Wilhelmsburg wäre ein denkbarer Standort.

Triathlon: Hamburg. Nach 2007 wird 2014 erneut die WM in Hamburg ausgetragen. Zudem scheint bei den Wettbewerben stets medienwirksam nahezu immer die Sonne.

Turnen: Berlin. Nicht nur im städtischen Olympiastützpunkt wird um Schwierigkeiten und Haltungsnoten gerungen, sondern auch in Brandenburg. Bei der Ausrichtung der Turnfeste steht es 4:3 für die Hauptstadt.

Die Olympischen Ringe machen sich in fast jedem Stadtbild gut

Beach/Volleyball: Hamburg. Während die Berliner ein Herrenteam in der Spitzenliga haben, sind es in Hamburg die Damen. Außerdem werden hier schon aussichtsreiche Beachvolleyballer gecoacht, die bei Olympia in der Hafencity oder am Rathausmarkt um Punkte kämpfen könnten.

Endergebnis:
Berlin 8
Hamburg 11
Unentschieden 5

Fazit: Schon jetzt ist eine gute Aufteilung der Sportarten zwischen beiden Städten möglich. Auch die Verantwortung für das Olympische Dorf (in HH bsp. im ab 2022 freiwerdenden Tschechenhafen) und die Eröffnungs- und Schlussfeier könnte analog zu den Wettbewerben brüderlich geteilt werden. Bevor es jedoch so weit ist, müssen beide Metropolen ihre jeweiligen Sportstärken noch deutlicher herausarbeiten. Abzuwarten bleibt, wie sich die Ankündigung von IOC-Präsident Thomas Bach, das Programm der Spiele zu reformieren und den Ausrichtern mehr Mitsprache einzuräumen, konkret auswirken wird.

Welche Sportart macht in welcher Stadt am meisten Sinn bei Olympia? Jetzt im Blog kommentieren!

Bilder: Karsten Krohn, naturalbornstupid, Vattenfall (urgs), JCR

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