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Digitalisierung: Was geht ab?

Kaum eine Branchenmesse oder Fachpublikation kommt noch ohne den Begriff „Digitalisierung“ aus. Doch was verbirgt sich dahinter eigentlich? Die Definition fällt schwer, denn „die“ Digitalisierung tangiert uns nicht gleichmäßig, sondern asymmetrisch als Bürger, Arbeitnehmer oder Unternehmer. Der Medienlotse teilt in diesem Beitrag zur Blogparade der Otto Group (Digitalisierung: Was passiert da gerade eigentlich?) seine Sicht auf die gesellschaftlichen und ökonomischen Auswirkungen und zeigt, dass Digitalisierung mehr als nur ein Buzzword ist.

Veränderte Kommunikation
Kurz ausgedrückt, verbergen sich hinter der Digitalisierung Vorgänge, die vorhandene Informationen (Texte, Bilder, Videos, Dateien) in maschinenlesbare Formate übersetzen. Auf Basis dieser Entwicklung veränderte sich zunächst unsere Kommunikation. Dominierten vor mehr als 20 Jahren noch Telefon und Briefe, wurden mit der Verbreitung des Internets auch Chats, Mails und zuletzt Messenger-Apps populär. In einen zweiten Schritt wagten auch immer mehr Unternehmen den Sprung in die Online-Welt: Waren ihre Webseiten zu Beginn oft noch reine Visitenkarten, entwickelten einige Firme später sukzessive Service-Angebote (siehe: Deutsche Post: Online-Porto oder seit mehr als 20 Jahren otto.de).

Durch die Nutzung von Webseiten und Apps generieren die Nutzer Daten, die die Anbieter verstärkt für sich nutzen. Sei es, um die Usability des Angebotes zu verbessern oder durch eine Interpretation der Daten Rückschlüsse für verbesserte oder neue Angebote zu ziehen. Verstärkt werden die gewonnenen Daten auch aggregiert (Google) und Werbetreibenden zur Verfügung gestellt (Facebook). An diesem Punkt erfährt „die Digitalisierung“ in den Diskussionen um Datenschutz sowie im Komplex von Sicherheit und Überwachung mitunter große Widerstände.


Veränderte Geschäftsmodelle
Doch der Einfluss der Digitalisierung blieb nicht nur auf die Kommunikation beschränkt: Während noch vor dreißig Jahren eine gute Platzierung in der Innenstadt sowie das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage ein funktionierendes Geschäftsmodell ermöglichten, haben sich die Möglichkeiten mit dem Aufkommen des Internets vervielfacht. Durch die technische Brücke zwischen zwei Computern und die Möglichkeit, darüber Formate und Daten auszutauschen, ergeben sich für Geschäftsmodellanbieter neue Erlösmöglichkeiten.

Beispiel Netflix: Der Streaminganbieter profitiert mit seinem Geschäftsmodell gleich von zwei technischen Entwicklungen: Da wäre zunächst die Möglichkeit, über das Breitbandinternet große Datenmengen versenden zu können. Darüber hinaus befinden sich auf den Rechnern der Konsumenten heutzutage gleich mehrere Video-Clients. Mittels eines Daten- sowie eines Streaming-Servers kommen die Filme auf unsere Rechner, wo sie im Zusammenspiel mit dem lokalen Gerätepufferspeicher abgerufen werden.

Wie wir sehen, sorgt das Zusammenspiel von Daten/Informationen mit Hard/Software für die Möglichkeit, immer wieder neue Erlösmodelle zu definieren. Adobe und Microsoft haben beispielsweise rund um Dateiformate wie Word oder Photoshop eigene Service-Welten gebaut. Die Auswirkungen dieser Digitalisierungsentwicklungen sind asymmetrisch: Zum einen kommen immer schneller immer mehr neue Dienste zum Vorschein, andererseits ist in der Fülle der Angebote noch nicht immer der richtige Weg erkennbar (siehe VHS v Super 8) oder es werden diejenigen bestraft, die innerhalb der Digitalisierung nicht schnell genug sind (Kodak, Nokia).

Beispiel Uber: Der Dienst aus den USA hat nicht gerade das Taxifahren neu erfunden, sich jedoch äußerst erfolgreich mit den zugrundeliegenden Transaktionen beim Buchen und Durchführen der Transportleistung beschäftigt. Der Dienst profitiert sowohl bei der Suche nach einem freien Taxi (als Vermittler) und der Fahrt zur gewünschten Destination (fixe Gebühr/Umsatzbeteiligung). In beiden Fällen generiert das Unternehmen Umsatz – obwohl es keinen Fuhrpark unterhält oder Fahrer beschäftigt.

Die Digitalisierung sorgt hier erneut im Zusammenspiel mit technischen und diesmal auch gesellschaftlichen Entwicklungen für eine veränderte Dynamik in Geschäftsprozessen. Diejenigen, die Abfolge und Verteilung der Transaktionen bestimmen können, profitieren überproportional. Das allein erklärt den Erfolg jedoch nicht. Mindestens ebenso wichtig wie die Neugestaltung der Transaktionen ist die Tatsache, das uber ein Problem unter Berücksichtigung der aktuellen technischen Entwicklung (Verbreitung von Smartphones, Apps und Wlan) auf neue Weise löst (Taxibestellung UND –bezahlung mit nur wenigen Klicks).

Neue Aufgaben – neue Vorteile
Nicht jedem Unternehmen gelingt es aber auf Anhieb, gesellschaftliche und technische Entwicklungen derart gut zu überblickenund innerhalb eines rasanten Marktumfeldes tiefgründig zu analysieren. In vielen Unternehmen steckt die Digitalisierung noch im Silo der Kommunikation, dabei ist die neue Welt mit einem Account bei Facebook oder Twitter längst noch nicht kolonisiert. Andere wiederum hängen der Entwicklung hinterher und basteln noch an kundenfreundlicheren Webseiten. Viel wichtiger ist es jedoch, die Digitalisierung in allen unternehmerischen Prozessen zu betrachten und organisatorisch abzubilden (Einen Vorgeschmack lieferten schon die rasant gestiegenen prozessualen Anforderungen in der Kommunikation; zur aktuellen Entwicklung hier).

Dies macht nicht zuletzt ein Blick auf kommende Herausforderungen deutlich. Immer mehr Branchen müssen sich in diesem Jahr mit der Blockchain-Technologie auseinandersetzen. Daten werden nicht nur in 1 und 0 übersetzt bzw. digitalisiert, sondern zusätzlich sicher verschlüsselt. Anders ausgedrückt: Mit Blockchain werden aus Daten Tatsachen. Darüber hinaus ermöglicht dieser neue Digitalisierungs-Schritt den Aufbau eigener Plattform-Ökonomien (siehe uber) und gilt zudem als Schlüssel zur Verwirklichung des Internets der Dinge. Derzeit suchen Unternehmen aus den Bereichen Finanzen, Gaming, Wetten, Architektur, Medien und vielen weiteren Branchen nach Lösungen, um Blockchains für sich nutzbar zu machen. Unternehmen, die sich nicht noch in diesem Jahr mit diesem neuen Baustein der Digitalisierung beschäftigen, geraten wohlmöglich schon schnell ins technische und ökonomische Hintertreffen.

Hinweis:
Die oben angerissen Thesen zur Digitalisierung vertieft „Der Medienlotse“ im Rahmen eines dreistündigen Workshops am 5.4.17 ab 18.30 Uhr innerhalb der Betahaus Academy in Hamburg. Mehr zum Angebot hier.

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