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Wer in den vergangenen zwölf Monaten aufmerksam die TV-Nachrichten und seinen Twitter-Stream verfolgte wird vermutlich zu dem Schluss gekommen sein, dass der Kurznachrichtendienst das eine oder andere Mal die Nase vorn gehabt hat. Doch noch immer wird Twitter von Kommentatoren in den deutschen Medien als soziales Netzwerk belächelt. Der Medienlotse zeigt in seinem Beitrag, dass Twitter aber geradezu revolutionäres Potenzial innewohnt.
1. Hudson, Haiti, NRW
Früher hatten die öffentlich-rechtlichen Sender die Informationshoheit, doch seit dem Aufkommen von Twitter in Deutschland schwindet der Nimbus. Erste Bilder über die Notwasserung eines Flugzeuges im Hudson-River waren bei Twitter zu sehen, die klassischen Massenmedien zogen erst Stunden später nach. Auch bei der Erdbebenkatastrophe Anfang 2010 in Haiti strömten zunächst die meisten Informationen über Twitter nach Europa. Und bei der NRW-Wahl war es ein User, der zwei Stunden vor ARD und ZDF bereits das amtliche Endergebnis bis auf zwei Stellen hinter dem Komma korrekt über Twitter publizierte.
2. Tummelplatz für (Möchtegern-) Experten
Momentan herrscht die historisch einmalige Situation vor, dass Twitter in Deutschland trotz aller Jubelmeldungen über Zuwächse immer noch ein Nischendasein führt. Anfang März gab es nur knapp 200.000 deutschsprachige Accounts, gemessen an einer Gesamtmitgliederzahl von weltweit sieben Millionen. Unter den Early Adoptern tummeln sich viele Journalisten, Chefredakteure, PR-Verantwortliche und vor allem große Marken wie Volkswagen, Otto oder die Telekom. Mit ein wenig Übung können User mit Twitter ihren persönlichen Nachrichtenstrom zusammenstellen, managen und neu gruppieren.
3. Informationskaskade wird auf den Kopf gestellt
In der guten alten Zeit, als Deutschland immer wieder im WM-Finale stand und in Berlin die Mauer noch nicht zerhackt wurde, da galt noch der klassische Weg der Informationsverbreitung: Musste die Feuerwehr beispielsweise ein Krokodil aus einem Badeteich retten, wurde erst der Lokaljournalist informiert und vielleicht schaute auch das eine oder andere Kamerateam vorbei, um das Sommerloch zu füllen. Heute würden die Badegäste bereits vor Eintreffen der Rettungskräfte ihre mobilen Geräte bemühen und ihre Freunde über das Ereignis informieren. Der Umweg über die Massenmedien und Gatekeeper entfällt also dank Diensten wie Twitter komplett.
4. Nachrichten im Jahr 2015
In schon nicht allzu ferner Zukunft werden die TV-Nachrichten nur noch ein Relikt aus der Dinosaurier-Zeit des Fernsehens sein. Nur, wer die neuen Medien nicht beherrscht oder aus wie auch immer gearteten Gründen diese ablehnt, wird noch auf die mundgerecht servierten Nachrichten von Redaktionen zurückgreifen. Ein Großteil wird sich dann – wie bereits heute über RSS-Feeds möglich – einen eigenen Nachrichtenstrom über Landesgrenzen, Medienimperien und Sprachbarrieren hinweg organisieren. Das ist zunächst mühsam, doch das ist Emanzipation von althergebrachten Autoritäten immer.
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