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Nichts ist gefährlicher als das reale Leben

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Glaubt man den Adepten rund um FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher, macht uns das Netz dumm und durchsichtig. Wer in sozialen Netzwerken aktiv ist, so der weit verbreitete Glaube, leistet einen digitalen Striptease, den Behörden, Arbeitgeber und Kriminelle nur zu gerne für sich nutzen wollen. Doch im Leben gibt es noch eine Sache, die wirklich gefährlich ist: das reale Leben.

Die folgende Geschichte ist mir vor ein paar Tagen wirklich passiert, deshalb will ich sie kurz schildern: Beim Besuch einer Messe kam ich am Stand meines ehemaligen Arbeitgebers mit einen Mitarbeiter über einige Ausstellungsgegenstände ins Gespräch. Wie sich herausstellte, hatte der Vertriebler bis vor einiger Zeit sein Büro mit einem Verwandten von mir geteilt. Im Gespräch durfte ich mir dann allerlei Details über den Gesundheitszustand meiner Großmutter, den Beruf meines Vaters, meiner Karriere im Unternehmen und meinen Wohnort zu Schulzeiten anhören.

Die kurze Episode zeigt, dass die vermeintlichen Gefahren, die im sozialen Netz lauern (und auch vorhanden sind), im realen Leben ebenfalls auftreten und aufgrund der persönlichen Komponente noch eine ganz eigene Dynamik entwickeln. Dennoch zeugt es nicht gerade von Weitblick, ausschließlich das Internet für schlechte Entwicklungen (Verdummung! Datenschutz!) verantwortlich zu machen. Wären Schirrmacher und Co. konsequent, müssten sie auch jedes zwischenmenschliche Gespräch als potenziell verdummend und sicherheitsrelevant verteufeln, denn Dorfpolizisten wissen etwa von der letzten Trunkenheitsfahrt, der Anwalt vom Scheidungskrieg und die Bankmitarbeiter von der finanziellen Schieflage eines Kunden…

Dabei ist die einzige Möglichkeit, mit den neuen Entwicklungen umzugehen, die, Medienkompetenz zu erlernen. Und das kann nur dem- oder derjenigen gelingen, die sich im Netz bewegen und nicht nur von außerhalb spöttisch hineinstarren. Vielmehr bietet das Internet die Chance, dass die User sich wieder zu mündigen Individuen entwickeln, die wissen, welche Konsequenzen ihr Tun im besten wie im schlechtesten Falle hat – von der kraftvollen Online-Petition bis hin zum haarsträubenden Partybild.

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3 Kommentare Schreibe einen Kommentar

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