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Medienlotse liest: Die Information (von James Gleick)

Die Weihnachtspause hat der Medienlotse nicht etwa verschlafen, sondern für die intensive Lektüre eines echten Wälzers genutzt. Wissenschaftsjournalist James Gleick legt mit Die Information so etwas wie die ultimative Geschichte unserer Zivilisation vor.

Geschichte
Schon bevor überhaupt Wörter gesprochen wurden, waren die ersten Menschen in der Lage, durch Rauchzeichen und Buschtrommeln Informationen auszutauschen. Heute nutzen wir hingegen ganz selbstverständlich SMS, Mail oder WhatsApp – und genau diesen Zwischenraum zwischen scheinbar unkoordinierten Lauten und unserer schnell getakteten Kommunikation beleuchtet Gleick in seinem monumentalen Werk. Für Historiker wenig überraschend, gibt es in der Geschichte viele Beispiele für neue Kommunikationsformen, deren Rezeption an die aktuellen Auseinandersetzungen um Internet, Online und Cyberspace erinnern. Das Aufkommen der Telegrafie um 1830 versetzte die Menschen etwa in Ekstase, manche fürchteten jedoch, dass dies zu einem Aussterben der Zeitungen führen könnte. Manche Zeitgenossen warnten auch, dass schnell zusammengetragene und versendete Informationen vermutlich weniger vertrauenswürdig seien. Die fortschreitende Elektrifizierung der Gesellschaft ermöglichte danach den Aufstieg von Telefon und Radio, die Raum und Zeit beträchtlich zusammenschrumpfen ließen.

Theorie
Wie es sich für einen Wissenschaftsautor gehört, arbeitet Gleick mit Fußnoten, Verweisen und einem Personenregister. Der Harvard-Absolvent hat auf den knapp 540 Seiten Unmengen an Informationen zusammengetragen, was manchmal jedoch zu Lasten des narrativen Fadens geht. Nicht alle Leser dürften noch folgen können, wenn es um Kybernetik, Quantenphysik, Codes oder Mathematik geht. Andererseits kann „Die Information“ auch ein guter Ausgangspunkt für weitere Studien sein, denn viele bekannte und unbekannte Pioniere unserer heutigen Informationsgesellschaft werden hier gewürdigt.

Flut
Während sich unserer Vorfahren über immer mehr Informationen freuten, scheint der moderne Mensch langsam genug davon zu bekommen. Aber schon der Philosoph Leibniz warnte seine Zeitgenossen vor einen Rückfall in die Barbarei, „zu deren Ergebnis die grauenhafte Masse an Büchern, die ständig weiter zunimmt, sehr viel beiträgt“. Bleiben zwei Lösungsmöglichkeiten: Suche und Filter. Aber wer sucht für uns? Etwa Google? Und wer filtert? Algorithmen? Mit Aufkommen das Marketinggags „Cloud“ (die war nämlich schon immer da) steht uns alles sofort zur Verfügung – eine Art unendliche Playlist. Es bleibt spannend zu sehen, wie wir damit umgehen, dass Informationen heute gleichzeitig zu günstig und zu teuer erscheinen oder Blogger zu viele und zu wenig Follower haben können.

Fazit: Die Information. Geschichte, Theorie, Flut ist ein äußerst anspruchsvolles Werk, welches sich nicht am Sonntagnachmittag zum Kaffee lesen lässt. Die Leser müssen ständig hellwach sein und sind aufgefordert, ganz klassisch mitzuarbeiten. Denn nur durch Notizen oder Recherchen lässt sich überhaupt erahnen, welchen großen Fundus Gleick in seinem Werk aufmacht. Leider scheint der Autor davon selbst manchmal überwältigt worden zu sein und verliert sich in der Erzählung oftmals in Rückblenden oder äußerst detailreichen Darstellungen.

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